Der amerikanische [Alb]Traum

22. Juni 2022

Das 27. School Shooting mit Verletzten/Toten in 2022

Es ist schon wieder passiert. Die Hälfte des Jahres ist noch nicht einmal um und schon gibt es in den USA mehr Verletzte und Tote durch Schulschießereien als im ganzen letzten Jahr. Insgesamt kam es zu 146 Schießereien, wobei es in 27 Fällen Verletze oder Tote gab. Dabei starben 27 Menschen und 56 wurden verletzt.

Das Problem

Seit dem Amoklauf an der Columbine High School am 20. April 1999 haben über 311.000 Schüler in den USA Erfahrungen mit Waffengewalt in der Schule gemacht. Insgesamt starben dabei etwa 185 Menschen und 369 wurden verletzt. Statistiken zeigen, dass die Anzahl der Schießereien immer mehr werden. Das führt nicht nur dazu, dass viele Schüler und Lehrer sich nicht sicher in der Schule fühlen, sondern auch zu psychischen Belastungen. Weltweit gehören die Vereinigten Staaten zu den Ländern mit den meisten Toten durch Waffengewalt mit fast 4 Toten pro 100.000 Einwohner, während Deutschland nur 0,099 Tote durch Waffengewalt pro 100.000 Einwohner hat.

Was ist in Uvalde passiert?

In der Kleinstadt Uvalde im US-Bundestaat Texas wurden am 24. Mai 2022 in einem Amoklauf an der Robb Elementary School, einer Grundschule, 19 Schulkinder und zwei Lehrerinnen erschossen und weitere 15 Kinder sowie ein Polizist verwundet. Der 18-Jährige Täter, Salvador Ramos, hatte zuvor seine Großmutter angeschossen und wurde schließlich von der Polizei getötet.

Nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School in Connecticut, bei dem 10 Jahre zuvor 28 Menschen, zumeist Kinder, getötet worden waren, ist das Schulmassaker von Uvalde das, mit der zweithöchsten Zahl an Todesopfern seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Fall löste erneut eine Debatte zwischen Befürwortern und Gegnern strengerer Gesetzte zu Regulierung des Waffenbesitzes aus.

Waffengesetzte in den USA im Vergleich mit Deutschland

Weltweit gibt es verschiedene Waffengesetzte und Vorschriften, die eingehalten werden müssen, damit eine Waffe legal gekauft werden kann. Vergleicht man jedoch die USA mit Deutschland sieht man, dass die Waffengesetzte vergleichsweise locker sind. Wichtig zu beachten ist aber auch, dass die Waffengesetzte in den Vereinigten Staaten nicht einheitlich sind, sondern sich von Staat zu Staat etwas unterscheiden.

In den Vereinigten Staat läuft der Waffenkauf meist in zwei Schritten ab: Der erste Schritt ist eine sofortige Hintergrundprüfung, die strafrechtliche Verurteilungen, häusliche Gewalt und den Einwanderungsstatus berücksichtigt. Je nach Staat kann es noch zusätzliche Kaufbeschränkungen einschließlich Wartezeiten und erweiterter Zuverlässigkeitsüberprüfungen geben. Etwa ein Drittel der amerikanischen Waffenbesitzer kauft Waffen ohne Hintergrundprüfung, die das Bundesgesetz beim direkten Kauf von einem privaten Verkäufer nicht vorschreibt. Der zweite Schritt ist der Kauf der Waffe. Viele Amerikaner können diesen Waffenkauf inklusive Hintergrundprüfungen innerhalb von einer Stunde tätigen, während in anderen Ländern dieser Vorgang Monate dauert.

Für den Waffenverkauf in Deutschland gibt es mindestens fünf Kriterien, die geprüft werden, bevor es eine Waffenbesitzkarte gibt. Wer kein Sportschütze, Jäger oder Waffensammler ist, muss beweisen, dass er deutlich mehr als ein Bürger im Allgemeinen gefährdet ist. Das Demonstrieren des Fachwissens über Schusswaffen, die eine schriftliche Prüfung und eine praktische Demonstration des sicheren Umgangs beinhalten kann, ist gefordert und Unter 25-Jährige müssen ein ärztliches Attest über die geistige Gesundheit vorlegen. Ein Waffenschrank gemäß gesetzlichen Vorschriften ist für alle Pflicht und wer seine Waffen zu Hause aufbewahrt, stimmt unangekündigte Inspektionen der Polizei zur Überprüfung der sichereren Aufbewahrung zu. Außerdem muss eine Hintergrundprüfung, die die Vorstrafen, psychische Gesundheit und Drogenabhängigkeit berücksichtigt. Anschließend folgt die Beantragung einer Genehmigung zum Kauf einer bestimmten Waffe, die ggf. einen zusätzlichen kurzen Hintergrundcheck beinhalten kann. Seit dem 17. Februar 2020 wird zusätzlich auch der Verfassungsschutz zur Zuverlässigkeitsprüfung einbezogen und Magazine dürfen bei halbautomatischen Langwaffen nur noch eine Kapazität von 10 Patronen und bei halbautomatischen Kurzwaffen nur noch eine Kapazität von 20 Patronen aufweisen.

Sollten die Waffengesetze verschärft werden?

Schießereien und Waffengewalt gehören in den USA schon fast zur Tagesordnung, was natürlich auch zu immer mehr Todesopfern führt. Das sollte und muss so jedoch nicht sein. An vielen Beispielen anderer Länder, wie das von Deutschland, zeigt sich, dass die strengere Regulierung von Waffenbesitz und Waffengesetzen zu mehr Sicherheit führt. Sicherheit, die vor allem auf Schüler, Lehrer psychisch entlastend wirkt.

Das Hauptargument von Gegnern strengerer Gesetze zur Regulierung des Waffenbesitzes ist, dass diese Gesetze das Recht auf Selbstverteidigung verletzten und vielen das Gefühl von Sicherheit nehmen würde. Laut der National Rifle Association (NRA) werden Waffen 2,5 Millionen Mal pro Jahr für die Selbstverteidigung verwendet. Jedoch könnte man statt der Waffen, die sehr tödlich sind, auch auf andere Methoden der Selbstverteidigung setzen. Gewehre und Pistolen sind im Prinzip höchstens notwendig, wenn die Person, vor der man sich verteidigen will selbst auch eine Pistole oder Gewehr verwendet. Somit kommt man wieder auf die Verschärfung der Waffengesetze, damit diese Waffen gar nicht erst in die falschen Hände geraten.

Unterstützt wird das Argument der Selbstverteidigung durch den zweiten Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten, der der Bundesregierung verbietet das Recht auf Besitz und Tragen von Waffen einzuschränken. Dieses wurde 1791 verabschiedet und kommt aus einer Zeit, in der die Waffen mit Schwarzpulver manuell nachgeladen werden musste. Da dieser Prozess recht zeitaufwändig ist, war es auch nicht möglich, damit Massenschießereien durchzuführen. Somit ist dieser Artikel veraltet, nicht auf die modernen Gewehre anzuwenden und müsste eigentlich überarbeitet werden, was aber leider nicht so einfach möglich ist. Beispielsweise sollten Magazine mit hoher Kapazität verboten werden, da diese es einfacher machen, Massenmorde zu begehen. Diese wurden nämlich in 50% der der 62 Massenschießereien zwischen 1982 und 2012 benutzt.

Zwischen 1999 und 2016 gab es insgesamt 572,537 Tote durch Waffen. Eine Studie im „New England Journal of Medicine“ ergab außerdem, dass Schusswaffen die zweitmeiste Todesursache für Kinder mit 15% der Kindertode waren.

Laut einer Studie aus 2016 könnte die Einführung universeller Hintergrundüberprüfungen auf Bundesebene die Todesfälle durch Schusswaffen um voraussichtlich 56,9 % reduzieren. Hintergrundüberprüfungen für Munitionskäufe könnten Todesfälle um voraussichtlich 80,7 % reduzieren und Waffenlizenzgesetze waren mit einem Rückgang der Tötungen um 14 % verbunden.

Aber vor allem sind Frauen von Waffengewalt betroffen. Jeden Tag werden in den Vereinigten Staaten 5 Frauen mit Schusswaffen ermordet. Außerdem steigt das Risiko einer Frau ermordet zu werden um 500%, wenn bei einem häuslichen Streit eine Waffe vorhanden ist. 31 Staaten verbieten verurteilten Stalkern wegen eines Vergehens nicht den Besitz von Waffen und 41 Staaten zwingen verurteilte häusliche Gewalttäter nicht dazu, Waffen abzugeben, die sie bereits besitzen. Dabei wurden 76 % der ermordeten Frauen und 85 % der Frauen, die einen Mordversuch eines Partners überlebten, im Jahr vor dem Mord oder Mordversuch gestalkt.

Fazit

Massenschießereien sind schwer ohne Schusswaffen. Natürlich kann man nicht jedem die Waffen wegnehmen, aber eine strenge Regulierung würde schon zu erheblichen Erfolgen führen. Nicht nur würde sich die Sicherheit der Bürger, vor allem die der Frauen und Kinder, stark erhöhen, sondern auch die psychische Gesundheit aller. Strengere Waffengesetzte bedeuten aber nicht automatisch auch, dass die Kriminalitätsrate plötzlich sinkt. Zwar würde es die Kriminalität und Gewalt erschweren, dennoch geht Kriminalität meist Hand in Hand mit Armut, welches ein weiteres Problem in den Vereinigten Staaten darstellt, und angegangen werden sollte.

Colin Moret