„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“

Jahrgangsfahrt nach Weimar

In der letzten Woche vor den Herbstferien ging es für den neuen Jahrgang 11 der ARS wie schon die Jahre zuvor auf große Fahrt nach Weimar. Eine Woche, in der das „Disneyland für Deutschlehrer“, so die zutreffende Bezeichnung des Guides, viele Eindrücke hinterlassen haben dürfte, seien sie kultureller, historischer oder philologischer Art.

Darf man den Schülerinnen und Schülern Glauben schenken, ist aber ebenso der Jahrgang der Einführungsphase ein wenig enger zusammengerückt, sei es durch den kursübergreifend verwendeten Sandwichmaker, Abende in einer der vielen Parkanlagen Weimars oder in den Räumlichkeiten der Jugendherberge.

Wusstet ihr, dass der Erfinder der „Weltliteratur“, Johann Wolfgang von Goethe, verschimmelte Brotstücke gesammelt hat, die ihm aus aller Welt zugesandt wurden, damit er die Entstehung und Eigenart des Schimmels einer wissenschaftlichen Prüfung unterziehen konnte? Dass seine unifarbene Tapete ein No-Go für die Ästhetik seiner Zeit bedeutete?  Wusstet ihr, dass Schiller, als er endlich sein neues Haus in Weimar einrichten durfte, Tapeten mit Bordüren und Blumenmustern aussuchte, die heute kitschig erscheinen, damals jedoch  als der „letzte Schrei“ galten?

Wusstet ihr, dass die Stadt Weimar auf Sumpfgebiet gebaut ist, weil den Herzögen Sachsen-Weimars, die Martin Luther auf der Wartburg Unterschlupf boten, zu Strafzwecken dieses Land zugeteilt wurde? Dass die Anna-Amalia-Bibliothek ein (geglückter und beglückender) Versuch war, Menschen von Rang und Namen in die Region zu locken?

Dies sind Ausschnitte aus Erinnerungen, die haften bleiben, ebenso wie der Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald oder der alten Synagoge in Erfurt. Gerade in der aktuellen politischen Lage wird deutlich, wie wichtig es ist, dass sich Schülerinnen und Schüler mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Das haben sie getan und das breit gefächerte, zum Teil auch anstrengende Programm, hat in wenigen Tagen viele Erinnerungen beschert, die nachhaltig sind und immer wieder aufgegriffen werden können.

Wenn sich die Gruppe um Herrn Wickenhöfer und mich bei Nieselregen auf den Weg macht, den fast 90 Jahre zuvor politische Häftlinge beschritten haben, auf einen Weg, der für diese Menschen den Beginn unermesslicher Qualen und Entbehrungen und oftmals den Tod bedeutete, dann ist das eine historische Erfahrung, die man kaum im Klassenzimmer nachfühlen kann.

Wenn das Tor des KZ mit seiner Beschriftung, „Jedem das Seine“, die perfide Ideologie der Nationalsozialisten in einer Phrase veranschaulicht, wird uns vor Augen geführt, welche Verantwortung wir für die Zukunft tragen. Darüber im Unterricht sprechen zu können, auf diese Erinnerungen zurückgreifen zu können, ist das Wertvolle einer solchen Reise.

Und wenn es dann, auch nach diesen Eindrücken, gelingt, abends wertschätzende Gespräche zu führen, neue Freundschaften zu knüpfen, sich über diese Erfahrungen auszutauschen, wird deutlich, dass Goethes Werk tatsächlich Lebensweisheiten bereithält, die auch für uns heute noch Bedeutung haben.       

Text: Arne Fuest Fotos: Lara Petith